"Analyse ist die Zwangsneurose der modernen Gesellschaft."

Sonntag SZ
Von Mathias Binswanger

Wenn man die Meldungen zur wirtschaftlichen Entwicklung in der Schweiz über die letzten Jahren anschaut, dann ist man manchmal nicht sicher, ob man sich in einem der reichsten Industrieländer oder einem Entwicklungsland befindet. Auf der einen Seite ist da von einem der weltweit höchsten Bruttonationaleinkommen pro Kopf, einem international führenden Finanzplatz, von international erfolgreichen Konzernen und von enormen Auslandsinvestitionen die Rede. Aber dann gibt es andere Meldungen, die einen Zweifeln lassen, ob wirklich alles mit rechten Dingen zugeht. So sind wir offenbar zu arm, um Geld in die Entwicklung unserer Bergregionen zu investieren. Händeringend versucht man ausländische Investoren davon zu überzeugen, bei uns doch etwas Entwicklungshilfe zu leisten. Und was war man froh, als der Grossinvestor Samih Sawiris aus dem reichen Ägypten sich bereit erklärte, etwas Geld in die arme Schweiz zu stecken, und ein Grossprojekt mit Hotels und Luxuswohungen für Andermatt präsentierte. Ja, man war so dankbar, dass man als Zückerchen für Sawiris sogar gewisse Gesetze (Lex Koller) ausser Kraft setzte, um damit der wirtschaftlichen Entwicklung des Urserentals eine Chance zu geben.