"Ein wirklich entwickeltes Land erkennt man daran, dass alle Prostituierten Ausländerinnen sind."

Sonntag SZ
Von Mathias Binswanger 

Seit längerer Zeit schon werden wir in der Deutschschweiz jeden Werktag mit fünf Gratiszeitungen beglückt, die sich 20Minuten, .ch, News, Cash Daily und Blick am Abend nennen. Ein bisschen viel für ein kleines Land in dem täglich wenig bis nichts Aufregendes geschieht. Dieser Ansicht sind auch die Verleger der Gratisblätter selbst. So meinte Sacha Wigdorovits, der Verleger von .ch in einem kürzlich erschienen Interview, dass der Deutschschweizer Markt nur Raum für 2 bis 3 Gratiszeitungen biete.

Sonntag SZ
Von Mathias Binswanger

In den letzten Jahrzehnten hat es sich in vielen Grossunternehmen eingebürgert, dass Top-Manager bei Gewinnen jeweils die alleinige Verantwortung für das Unternehmensresultat übernahmen und gewaltige Bonuszahlungen kassierten. Bei Verlusten hingegen waren stets die anderen (Mitarbeiter, das wirtschaftliche Umfeld) verantwortlich und deshalb wurde in schlechten Jahren ebenfalls abkassiert. Diese Art der "leistungsgerechten" Entlöhnung erfreute sich demzufolge grosser Beliebtheit und wurde von den betroffenen Managern stets mit Klauen und Zähnen verteidigt. Die Finanzkrise hat nun aber einige dieser "Leistungsträger" in den Senkel gestellt, denn zu offensichtlich sind die Fehlleistungen der betroffenen, zuvor mit Bonuszahlungen überhäuften "Superbanker".

Sonntag SZ
Von Mathias Binswanger

Kaum ein anderes Glück wird in den aus Hollywood für die ganze Welt produzierten Filmen und Fernsehserien so sehr propagiert, wie das Familienglück. Natürlich nicht das Familienglück von Eltern und Kindern aus Moskau oder Bagdad, sondern dasjenige der Amerikanischen Vorzeigefamilie. Diese wohnt in einem grosszügig ausgestatteten Einfamilienhaus in einem Vorort von New York, Chikago oder LA. Dad ist beruflich erfolgreich und macht täglich sehr verantwortungsvolle und wichtige Arbeit. Deshalb ist er nicht viel zu Hause aber er versichert seiner Frau und den Kindern mit penetranter Häufigkeit, dass er sie liebt. Mum verbringt hingegen den größten Teil des Tages im Auto, um die Kinder von einer Aktivität zur andern zu chauffieren. Sie ist hauptberuflich Chauffeuse, hat dafür aber ein sehr chickes Auto mit viel mehr PS als sie braucht.

Sonntag SZ
Von Mathias Binswanger

Dividiert man das Bruttoinlandprodukt eines Landes durch die Zahl der Beschäftigten (oder auch die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden) dann erhält man die sogenannte Arbeitsproduktivität. Diese erfreut sich in der wirtschaftspolitischen Diskussion einer grossen Beliebtheit und der Grundtenor lautet: je höher die Arbeitsproduktivität, umso besser. In der Schweiz ist diese Arbeitsproduktivität allerdings im Vergleich zu andern Industrieländern relativ bescheiden, obwohl wir doch als so fleissig gelten. Woran liegt das?

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Von Mathias Binswanger

Das vom Bundesrat geplante Agrarfreihandelsabkommen mit der EU bietet eine einmalige Chance, die Zahl der noch existierenden Bauern in der Schweiz erheblich zu dezimieren. Diese sind den Befürwortern des Freihandels nämlich schon lange ein Dorn im Auge. Schweizerinnen und Schweizer sollen gefälligst bei Banken oder in der Pharmaindustrie arbeiten, wo die Wertschöpfung pro Arbeitnehmer etwa das Zehnfache der Wertschöpfung in der Landwirtschaft beträgt. Und wenn man für die Durchsetzung der Freihandelsidee ein paar „Bauernopfer“ bringen muss, dann ist das eben der Preis des Fortschritts. Grosse Ideen in der Weltgeschichte haben schon immer den großzügigen Umgang mit Problemen von Minderheiten erfordert.

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Von Mathias Binswanger

Was ist das grösste Laster von Führungspersönlichkeiten in der Schweiz? Ehrgeiz? Neid? Missgunst? Habgier? Hochmut? Masslosigkeit? Geltungssucht? Intoleranz? Überheblichkeit? oder gar sexuelle Ausschweifungen? Nein nichts von alledem. Schweizer Führungspersönlichkeiten stehen als reife, verantwortungsbewusste und edle Menschen über solchen Dingen. Auf die Frage "Was ist ihr grösstes Laster?" im Rahmen der jede Woche erscheinenden Rubrik 33 Fragen in der NZZ executive Beilage lautet die häufigste Antwort: Süssigkeiten! Egal ob Direktor des Bundesamtes für Verkehr, Inhaber einer Personalberatungsfirma, Dozentin an der Fachhoschschule Luzern, Leiterin Wirtschaftspolitik bei Travail Suisse oder Managing Director der Deutschen Bank in London: durch nichts gerät die Schweizer Elite moralisch mehr in Bedrängnis als durch süsse Verführungen. Ein paar Ausnahmen gibt es allerdings: für Alexandra Wittmann, Finanzchefin Colt Telecom AG stellen Kartoffelchips das grösste Laster dar und für André Diem, Geschäftsführer der Diem Client Partner AG ist es der Rotwein.

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Von Mathias Binswanger

Wenn man die Meldungen zur wirtschaftlichen Entwicklung in der Schweiz über die letzten Jahren anschaut, dann ist man manchmal nicht sicher, ob man sich in einem der reichsten Industrieländer oder einem Entwicklungsland befindet. Auf der einen Seite ist da von einem der weltweit höchsten Bruttonationaleinkommen pro Kopf, einem international führenden Finanzplatz, von international erfolgreichen Konzernen und von enormen Auslandsinvestitionen die Rede. Aber dann gibt es andere Meldungen, die einen Zweifeln lassen, ob wirklich alles mit rechten Dingen zugeht. So sind wir offenbar zu arm, um Geld in die Entwicklung unserer Bergregionen zu investieren. Händeringend versucht man ausländische Investoren davon zu überzeugen, bei uns doch etwas Entwicklungshilfe zu leisten. Und was war man froh, als der Grossinvestor Samih Sawiris aus dem reichen Ägypten sich bereit erklärte, etwas Geld in die arme Schweiz zu stecken, und ein Grossprojekt mit Hotels und Luxuswohungen für Andermatt präsentierte. Ja, man war so dankbar, dass man als Zückerchen für Sawiris sogar gewisse Gesetze (Lex Koller) ausser Kraft setzte, um damit der wirtschaftlichen Entwicklung des Urserentals eine Chance zu geben.