"Ein wirklich entwickeltes Land erkennt man daran, dass alle Prostituierten Ausländerinnen sind."

Von Mathias Binswanger

Schaut man sich die Bankbilanzen in der Schweiz an, dann kann man feststellen, dass diese im Moment vor Liquidität nur so strotzen. Das Geld auf den Girokonten der Geschäftsbanken bei der Nationalbank (Reserven) ist auf einem Rekordniveau von 76 Milliarden Franken (März 2009). Während die Banken im Normalfall nur wenig mehr Reserven halten, als es durch die Mindestreservenquote vorgeschrieben ist, halten sie mittlerweile etwas die siebenfache Menge. Und das obwohl die Giroguthaben keinen Zins abwerfen und damit eine ziemlich unattraktive Anlage darstellen.

Das Wachstum der Reserven erfolgte dabei in kürzester Zeit. Noch im Oktober letzten Jahres lagen sie unter 10 Milliarden, doch dann ging die Post ab. Die Nationalbank füllte die Girokonten der Geschäftsbanken, indem sie von diesen Unmengen an Wertpapieren und Devisen übernahmen. Doch die Banken finden bis heute offenbar keine profitablen Verwendungsmöglichkeiten für diese Gelder. Weder investieren sie diese in Wertpapiere, noch erhöhen sie ihre Kredittätigkeit. Die ganzen Liquiditätsspritzen der Nationalbank versickern somit bei den Banken und erreichen den Rest der Wirtschaft gar nicht.

Ähnlich wie die Geschäftsbanken als "Kunden" der Nationalbank verhalten sich auch die Kunden der Geschäftsbanken selbst. Sie lassen ihr Geld in grossem Massstab auf ihren Konten liegen. Sowohl die Gelder auf Sichteinlagen als auch auf Spareinlagen sind seit Oktober des letzten Jahres stark angestiegen. Da die Kredittätigkeit der Banken im gleichen Zeitraum etwa konstant geblieben ist, bedeutet dies, dass auch die Bankkunden im Moment lieber einmal abwarten statt ihr Geld dem Risiko einer Investition auszusetzen.

Die jetzige Situation entspricht ziemlich genau dem Zustand, den Keynes schon in den 30er Jahren als Liquiditätsfalle beschrieben hat. Die Zinsen sind so tief, dass sie kaum mehr weiter sinken können. Die Nationalbank hat eine extrem expansive Geldpolitik betrieben, vor allem um das Finanzsystem vor einem Zusammenbruch zu bewahren. Nur auf die reale Wirtschaft hat das keinen belebenden Effekt, weil das Geld entweder bei den Banken selbst (Reserven) oder bei ihren Kunden (Sicht- und Sparguthaben) liegen bleibt. Daraus lässt sich ablesen, dass die Krise im Moment noch in vollem Gange ist.